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Geboren wurde er um 570 v. Chr. auf Samos, gestorben ist er nach 510 v. Chr. in Metapont in der Basilicata (Süditalien).
Zwischen 532 und 529 v. Chr. gründete er eine Schule in Kroton, in der er eine Gemeinschaft von Schülern lehrte. Was er genau lehrte ist bis heute ein Streitpunkt unter Historikern. Aber es gibt Aussagen über Pythagoras die von Zeitgenossen getroffen wurden, und die ihn aus ihrer Sicht charakterisieren. Ein Zeitgenosse namens Heraklit behauptete z.B. „er habe mehr Studien betrieben als irgend ein anderer Mensch“ und wirft ihm damit „Vielwisserei“ vor.
Was auch immer er genau gelehrt haben mag, lässt sich wohl auf jeden Fall mit fachübergreifend, bzw. interdisziplinär bezeichnen. Darüber hinaus hat er mit seinen Schülern aber auch eine Gemeinschaft aufgebaut, die weit über seinen Tod hinaus Bestand hatte und Einfluß auf Gesellschaft und Wissenschaft genommen hatte. Aber was auch immer er lehrte, es hatte wahrhaftig einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
Ein Mangel an verlässlichen Quellen macht die Erforschung seines Lebens und Wirkens generell äußerst schwierig. Er selbst hinterlässt keinerlei uns bekannte Schriften, und aus Verweisen anderer Quellen lassen sich nur Thesen aufstellen, die umstritten bleiben.
Man kann aber mit Sicherheit sagen, dass er im Lauf seines Lebens einen bedeutenden Einfluss auf die zeitgenössische Philosophie, Mathematik, Musik, Astronomie, Politik und Religion ausgeübt hat. Er soll maßgeblich den Begriff „Philosophie“ als solchen geprägt, bzw. eingeführt haben, da er insbesondere auf den Unterschied eines Weisen („sophos“) und eines Weisheit oder Wissen Suchenden („philo-sophos“) Wert gelegt hat. Der „Kosmos“ hatte für ihn ebenfalls eine besondere Bedeutung, und er bestimmte ihn als das „harmonisch geordnete Weltganze“.
Seine Denkweise war auf die Qualität eines Sachverhalts ausgerichtet, auf Merkmale und Eigenschaften. Dabei schloss er quantitative Betrachtungen, wie sie in der Naturwissenschaft üblich sind, nicht aus; sie waren nur einfach nicht in seinem Fokus und sind mehr als Ergänzung zu sehen. Quantitativ bedeutet dabei basierend auf messbaren, berechenbaren Größen, Zahlen und Formeln, die in der Wissenschaft einen Sachverhalt in Form eines Belegs oder Beweises untermauern sollen.
Er war aber kein Freund einer empirischen oder vermessenden Herangehensweise. Seine analytische Betrachtungsweise – die eher unpassend als „spekulativ“ bezeichnet wird – war einfach mehr auf eine tiefere, innere Betrachtung der Dinge und Zusammenhänge ausgelegt, geprägt von der Suche nach einer holistischen, objektiven Wahrheit.
Der „Satz des Pythagoras“ war z.B. in seiner Aussage schon Jahrhunderte vorher bei den Babyloniern und in Indien bekannt, aber der erste Beweis für seine Gültigkeit geht wahrscheinlich auf Pythagoras zurück. Dabei ist es lohnenswert sich die Beweisform(en) einmal genauer anzusehen, denn dieser Satz gilt als der meist-bewiesene überhaupt.
Die elegantesten Beweise aber, darunter der (vermeintliche) des Pythagoras, sind simpel und basieren auf einer geometrischen Beweisführung die sich nur mit Lineal und Zirkel ausführen lässt – ein Hinweis auf die heilige Geometrie.
Pythagoras gilt aber auch als der Begründer der mathematischen Analyse der Musik, als „Entdecker der musikalischen Harmonielehre“ durch die Bestimmung harmonischer (Ton-)Intervalle mittels einfacher Zahlenverhältnisse. Neben Musik befasste er sich mit Astronomie, wobei seine Kenntnisse wohl grundsätzlich aus dem Wissensschatz der Babylonier stammen, da ihnen die gleiche Begrifflichkeit und Sachkenntnis zu eigen war.
Der genaue Charakter seiner politischen Einwirkung ist unklar, aber es kann angenommen werden, dass er mindestens einen meinungsbildenden Einfluss auf Politiker und Bürger hatte. Bei seiner religiösen, oder spirituellen Überzeugung vertrat er die Idee der ewigen Seele, und der Seelenwanderung die immer wieder neu auf der Erde inkarniert. Er selbst sagte, er erinnere sich an frühere Inkarnationen.
Das ist alles in allem eine breite Palette an Disziplinen, mit einer Grätsche zwischen naturwissenschaftlichen und spirituellen Themen. Dementsprechend ist die Fachwelt der Historiker in zwei Pole aufgespalten, da man diese beiden Themenbereiche für unvereinbar hält.
Pythagoras wird entweder als der „schamanische Typ“ mit spirituellem Hintergrund gehandelt, der sich überhaupt nicht für Naturwissenschaft interessiert, oder aber als Naturwissenschaftler und theoretisierender Philosoph mit breit angelegten Interessen, die aber nicht spiritueller oder religiöser Natur sind. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
Vielleicht war er aber auch einfach nur Hermetiker, denn da gibt es keinen Widerspruch zwischen religiösen, spirituellen und naturwissenschaftlichen Themen. Alles geht letztlich auf eine Quelle zurück, und es gibt nur eine Wahrheit, in der sich alle Widersprüche auflösen.
Auf jeden Fall hinterlässt er uns aber ein großes, gut dokumentiertes Erbe im Bereich der heiligen Geometrie – auch wenn es nicht als solches gekennzeichnet ist. Man muss nur genau hinschauen und zwischen den Zeilen lesen…