Elementare Schöpfungsprozesse kann man weder erfassen, noch verstehen. Insbesondere da wir selbst Teil der Schöpfung sind und uns innerhalb dieser bewegen. Wir können nicht über ihre Anfänge oder ihre Grenzen hinaus kommen – weder mit dem Körper, noch mit der Seele oder dem Geist.
Eine Modellvorstellung kann allerdings hilfreich sein, um einzelne Aspekte ihrer Manifestation aufzugreifen und den Umgang mit ihnen zu erlernen – ähnlich der Modellvorstellung des Urknalls im Bereich der Physik, um Erkenntnisse zu Ordnen und in einen Sinnzusammenhang zu bringen. Diskussionen über die Gültigkeit eines Modells sind dabei anmaßend und zwecklos. Aber die Diskussion der Eignung eines Modells und der daraus abgeleiteten Erkenntnisse, oder auch der Widersprüche, kann den Horizont erweitern. Spätestens wenn man ein Modell verwirft kann man von einer wahrhaft großen Erkenntnis sprechen.
Startet man also im Nichts, gibt es erst einmal nichts greifbares, vor allem keinen Bezugspunkt. Warum gerade ein Bezugspunkt? Der Punkt ist das erste Element, mit dem man überhaupt etwas „in Beziehung setzen“ kann. Eine Voraussetzung, die erst in die Lage versetzt eine örtliche, bzw. räumliche Aussage machen zu können. Mag es auch noch keinen Raum geben, so gibt es aber doch den Anfang, und dieser Anfang existiert: er ist. Damit ergibt sich ein erster Punkt: der Startpunkt.
Die einzige Möglichkeit der Veränderung ist es nun mich von diesem „Startpunkt“ zu entfernen, denn ein Punkt hat keinerlei Ausdehnung. Da er das konstruktive Element des Raums ist und bereits außerhalb von ihm existiert, lässt er auch gar keine andere Form der (räumlichen) Veränderung zu. Durch diese Veränderung entsteht nun eine Distanz in Form einer linearen Strecke, oder einfach nur eine Linie. Der Startpunkt wird zum Bezugspunkt, und durch die lineare Bewegung entsteht eine erste, räumliche Ausdehnung: die erste Dimension.
Da es nun mehr als einen Punkt gibt, nämlich den Startpunkt und den aktuellen „Standpunkt“, ergibt sich zum ersten Mal eine Wahlmöglichkeit. Ich kann mich dazu entscheiden eine neue Veränderung auszuführen, aber erst Mal auf die gleiche Art und Weise. Also ein Entfernen von allen bestehenden Bezugspunkten (Startpunkt, Standpunkt), bzw. dem bisher entstandenen Gebilde, um eine neue, räumliche Ausdehnung zu bewirken. Wieder wäre diese Form der Ausdehnung linear. Ich kann mich aber auch dazu entscheiden eine andere Form der Veränderung auszuführen, indem ich mich nur von meinem aktuellen „Standpunkt“ entferne, nicht aber vom Startpunkt. Die Entfernung zum Startpunkt soll also im Verlauf der Bewegung durchgehend konstant bleiben. Es wird sich damit ein Kreis um den Startpunkt ergeben, und die Bewegung ist dieses Mal zirkular. Sie hat nun ebenfalls eine räumliche Ausdehnung in eine neue Dimension bewirkt und dabei die Ebene erschlossen, genau so wie es mit der linearen Ausdehnung auch erfolgt wäre. Und doch gibt es einen Unterschied…
Damit sind die beiden, möglichen Arten der räumlichen Ausdehnung erfasst. Die erste ist zwangsläufig linear, aber alle weiteren Ausdehnungsschritte können frei zwischen linear und zirkular gewählt werden.
Genau hier verankert sich bereits das Konzept der Heiligen Geometrie, mit der Manifestation einer linearen und einer zirkularen Bewegung – Lineal und Zirkel. [Vor allem Lineal ohne Skala (!), denn es gibt keinen absoluten Maßstab (weder hier, noch später), nur Verhältnisse und Proportionen, die man durch den Bezug von Punkten zueinander erfassen kann.] Allein aus diesen beiden Grundbewegungen wird nun der gesamte Raum erschaffen, so wie alle weiteren Formen und Gebilde die darin entstehen.
Gleichzeitig erkennt man hier auch schon die Verankerung einer Dualität, die von Anfang an in Form einer inhärenten Eigenschaft und auch als konstruktives Element im Raum verankert ist. Die lineare Ausdehnung ins „Äußere“ stellt dabei eine männliche Form der Entwicklung dar. Die zirkulare Ausdehnung verändert ihren Standpunkt, behält aber den „Startpunkt“ im Blick ohne sich von diesem zu entfernen – blickt also gewissermaßen nach „innen“, und ist damit eine weibliche Form der Entwicklung. [Prinzip des Geschlechts]
Betrachtet man das nun für die drei uns bekannten Raumdimensionen, ergeben sich z.B. die folgenden, üblichen und gebräuchlichen Koordinatensysteme:
- kartesisches Koordinatensystem (3 lineare Achsen)
- zylindrisches Koordinatensystem (2 lineare Achsen, 1 Winkelmaß)
- kugelförmiges Koordinatensystem (1 lineare Achse, 2 Winkelmaße)
Alle drei System bestehen gleichzeitig. Sie stehen nicht im Widerspruch zueinander, schließen sich nicht aus, sind gleichzeitig gültig und lassen sich auch ineinander überführen. Trotzdem haben sie aber unterschiedliche Eigenschaften und dementsprechend spezifische Anwendungsbereiche, für die sie sich besonders gut eignen. Konstruiert man z.B. ein Haus, dann eignet sich das kartesische Koordinatensystem am Besten zur Vermassung und Planung. Das Gewinde einer Schraube beschreibt sich am leichtesten mit Zylinderkoordinaten. Schaut man sich einen Globus an, erkennt man ganz klar Kugelkoordinaten. Längen- und Breitengrad sind die Winkelangaben, das dritte Maß – vielleicht nicht so leicht und schnell erkennbar – ist der Radius, also der (lineare) Abstand zum Mittelpunkt.
Übersetzt man das zurück in die Natur des Raums, lässt sich folgendes sagen:
Bewegung erschafft Raum, und Raum ist Bewegung. Nichts in unserem Universum steht wirklich still. Der erste Schritt diesen Raum zu Betreten ist von männlicher Natur, danach haben wir die freie Wahl der Entfaltung, und egal wie wir uns Bewegen, es besteht immer und überall die Möglichkeit der Begegnung.