Speicherorgane

In der TCM betrachtet man den Körper nicht nur auf der physischen Ebene, sondern geht auch von Energiebahnen aus, die nach einer bestimmten Struktur über, und durch ihn hindurch verlaufen. Bekanntestes Beispiel dafür ist mit Sicherheit die Akupunktur, und die Akupressur, die sich an einem Modell solcher Energiebahnen orientieren. Aber auch das Innere des Körpers wird nach einer Modellvorstellung gegliedert, bei der das (auch kulturell verankerte) System der 5 Elemente vorherrschend ist. Es wird ein Großteil des Körpers in Sinnesorgane, Speicherorgane und Hohlorgane unterteilt, die zu funktionalen Einheiten zusammengefasst, und denen verschiedenen Eigenschaften zugeordnet werden.

Das Speicherorgan als solches hat dabei seinen Namen daher, weil man ihm die Fähigkeit des Speicherns zuordnet – und zwar sowohl auf rein physisch-biochemischer Ebene, als auch energetisch. Die Leber z.B. kann eine recht große Menge von Giften aufnehmen, und sie – gekapselt durch Fettzellen – in Depots (zwischen-)speichern, ohne das ihre Funktion unmittelbar beeinträchtigt wird. Natürlich nur innerhalb eines begrenzten Maßstabs, der aber individuell durchaus verschieden sein kann. Sie ist dann jederzeit im Anschluß in der Lage, diese gespeicherten „Stoffe“ nach und nach wieder abzubauen, sobald es die Umstände wieder zulassen. Der Leber wird aber auch das Gemüt der Ausgeglichenheit und der Sanftmut zugeordnet, also ein Zustand, der bis zu einer gewissen Grenze Ärger, Zorn und Wut aufnehmen und ausgleichen kann, um sie dann zu einem späteren Zeitpunkt zu verarbeiten.

Ein Speicherorgan hebt sich aber auch durch seine geometrische Form hervor, die übergreifende Eigenschaften deutlich macht. Die Speicherorgane sind nach der TCM die Lunge, das Herz, die Leber, die Nieren und Milz-Pankreas. Letztere werden als organische Einheit gesehen und zusammengefasst. Bei allen fällt auf, daß sie mit einer kleinen Asymmetrie in vier Teile gegliedert sind.

Die Lunge zeigt eine recht ausgeprägte Symmetrie, und liegt nahezu gleichmäßig auf beide Körperhälften verteilt. Es gibt zwei Lungenflügel, die sich wiederum in einen oberen und unteren Lappen aufteilen. Der linke Lungenflügel hat ein etwas kleineres Volumen, und gibt damit dem Herzen seinen Raum.

Das Herz hat zwei Vorhöfe, und zwei (Haupt-)Kammern. Die rechte Hälfte des Herzens, die den kleinen Blutkreislauf zur Lunge betreibt, ist kleiner als die linke Hälfte. Es liegt größtenteils auf der linken Seite des Körpers.

Die Leber besteht aus vier sogenannten Lappen. Der größte ist der rechte Leberlappen, dann folgt der linke Leberlappen, und schließlich gibt es noch zwei kleinere, quadratische Lappen. Insgesamt liegt die Leber in beiden Körperhälften, wobei aber der größte Teil in der rechten Körperhälfte liegt.

Die beiden Nieren zeigen ebenfalls eine ausgeprägte Symmetrie, denn sie liegen gleich verteilt in beiden Körperhälften. Typischerweise ist die linke Niere etwas größer als die rechte, und zu beiden gehören auch noch die Nebennieren.

Die Milz unterteilt sich quasi in zwei Organe, die auch unterschiedliche Aufgaben übernehmen: die weiße Pulpa im inneren, und die rote Pulpa im äußeren Bereich. Die Bauchspeicheldrüse (fachlich: Pankreas) ist ebenfalls ein zweigeteiltes Gewebe, das aber gleichmäßig im Organ verteilt ist – exokrine Drüsen zur Produktion von Enzymen, und endokrine Drüsen zur Produktion von Hormonen. Die beiden Organe zusammengenommen liegen überwiegend in der linken Körperhälfte.

Das System der fünf Elemente erfasst nun nicht alle Organe des menschlichen Körpers, und wenn man rein von der geometrischen Beschaffenheit der Speicherorgane ausgeht, lässt sich spekulieren, welche Bedeutung wohl die folgenden, beiden Organe haben: das Gehirn, und die Geschlechtsorgane. Beide zeigen wiederum eine ausgeprägte Symmetrie, da sie sich gleichmäßig auf beide Körperhälften verteilen.

Man könnte das Gehirn in die Bereiche Großhirn, Kleinhirn, rechte und linke Hälfte unterteilen, aber es zeigt sich in diesem Organ natürlich eine wesentlich größere Komplexität. Vielleicht sind die Stirn- und Nebenhöhlen das zugehörige Hohlorgan, denn sie können Schleimhaut aufnehmen und über die Nasengänge nach außen führen. Aber was wäre das Gemüt, und die zugehörigen Emotionen?

Den Geschlechtsorganen kommt ebenfalls eine größere Komplexität zu, da man hier auf jeden Fall zwischen männlichen und weiblichen Organen unterscheiden muss. Die männlichen Geschlechtsorgane könnte man in Hoden, Nebenhoden, rechte und linke Hälfte unterteilen. Entlang des Samenleiters gibt es weitere, kleine Organe, wie z.B. die Samenleiterampulle, die Samenflüssigkeit aufnehmen, und über die Harnröhre nach außen abführen können – also Kandidaten für das zugehörige Hohlorgan. Die weiblichen Geschlechtsorgane könnte man in Eierstöcke, Hormondrüse, rechte und linke Hälfte unterteilen. Vielleicht ist die Gebärmutter das zugehörige Hohlorgan.

Beide Organe haben aber ganz offensichtlich eine Fähigkeit, die sich deutlich von den anderen Speicherorganen unterscheidet. Möglicherweise ergänzen sie das System der fünf Elemente mit einer sechsten Energie-Achse, die aber aufgrund ihrer ganz eigenen Qualität nicht wirklich dazu gerechnet werden kann. Auffällig ist aber, dass sich die beiden Organe genau an den Ein- und Austrittsstellen der Kundalini durch den menschlichen Körper befinden. Es würde aber auch im Einklang mit den zwölf Hauptmeridianen der TCM stehen, die jeder Energie-Achse einen aufsteigenden, und einen absteigenden Energiefluss zuordnen…