Woher kommen eigentlich die ganzen Universalgelehrten unserer Geschichte?
Der Begriff „universalgelehrt“ wird in einem Atemzug mit den Namen einiger, bekannter Persönlichkeiten unserer Geschichtsschreibung genannt, und zwar mit solchen, die mehrere, unterschiedliche Wissenschaften studiert haben, oder in diesen äußerst fachkundig waren. Entweder waren sie adelig, und hatten einfach die Zeit und das Geld sich so umfangreich zu bilden, oder aber sie waren in einem ihrer Fachgebiete erwerbstätig, und haben sich darüber hinaus noch so umfangreich weitergebildet. Aber was war der Grund dafür? Mag es bei Adeligen noch mit einer Art intellektueller Langeweile erklärt werden können, so greift dieses Argument aber bei den erwerbstätigen Kollegen nicht mehr so wirklich. Es zeigt sich aber ein gewisses Muster, wenn man mal genauer hinschaut…
Sehr oft sieht man die Kombination von Naturwissenschaften, wie Mathematik und Physik, in Verbindung mit Philosophie, häufig auch noch mit Astrologie/Astronomie (das wurde früher noch nicht so streng unterschieden), und manchmal noch mit Theologie, oder Medizin. Im Einzelfall mag es mal etwas spezielles wie Optik, Astrophysik, Naturforschung, oder ähnliches gewesen sein, aber diese Fachbereiche sind ja dann doch irgendwie wieder Teilgebiete der anfangs genannten Kategorien. Dieses Phänomen zeigt sich ungefähr bis ins 17. Jahrhundert hinein, und mit dem Einzug der modernen Naturwissenschaften endet scheinbar die Ära der Universalgelehrten relativ prompt.
Aber wie weit geht denn dieses Phänomen zurück? Die ersten, und mit Sicherheit bekanntesten Universalgelehrten entdeckt man in der Antike, bei den Griechen. Was für ein Zufall! Sokrates selbst erstellt doch in seinen Dialogen nicht nur das Modell eines idealen Staates, sondern auch des optimal ausgebildeten Philosophen, der diesen Staat – als einzelne, oder in mehreren Personen – führen soll. Wie sieht diese Ausbildung nun aus?
Bevor man sich der Philosophie als auszuübende Disziplin überhaupt nähern kann, ist es nach seiner Vorstellung erst einmal erforderlich, vier andere, wissenschaftliche Disziplinen in der genannten Reihenfolge gewissenhaft zu erlernen: Geometrie, Arithmetik, Harmonik und Astrologie. Erst wenn man diese vier Disziplinen über mehrere Jahre hinweg erfolgreich praktiziert hat, ist man in der Lage auch die Philosophie in ihrer reinsten Form zu erlernen. Denn erst jetzt ist der Geist des Menschen darauf vorbereitet, das Unveränderliche vom Veränderlichen trennen zu können, und die Schönheit selbst als solches zu ergründen.
Geometrie, Arithmetik und Harmonik deckt schon einen Großteil der zeitgenössischen Mathematik ab. Astrologie, bzw. Astronomie spricht für sich. Physik wurde damals als Teilgebiet der Philosophie gesehen. Ist man schließlich als Philosoph unterwegs, sucht man sich natürlich noch einen konkreten Schwerpunkt, der philosophisch ergründet werden möchte. Es scheint, als hätte sich so mancher Gelehrte diesen Ausbildungsweg tatsächlich streng zu Herzen genommen.