Disziplinen der Hermetik

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Englisch Französisch

Heilige Geometrie

Unter Heiliger Geometrie versteht man die urspüngliche, unverfälschte Form der Geometrie wie sie seit der Schöpfung besteht und auch gelehrt wird. Sie ist der Schlüssel zum Verständnis der Schöpfung, mit der alles begonnen hat und alles erschaffen wurde.

Bei der angewandten heiligen Geometrie verwendet man neben Stift und Papier nur zwei Werkzeuge: den Zirkel und ein skalenfreies Lineal. Denn es geht ausschließlich um geometrische Konstruktion und Proportionen.

Geometrische Konstruktion ist ein Akt der Schöpfung, und Proportionen sind das zugehörige Maß. Im Kosmos gibt es keinen Zollstock oder Metermaß, mit dem man etwas vergleichen, messen oder skalieren können. Alles wird nur mit sich selbst verglichen und ins Verhältnis gesetzt, und genau dabei entstehen Proportionen.

Gerade heute, zu einer so modernen, technischen und hochwissenschaftlichen Zeit muss man sich darüber im klaren sein, daß es absolutes messen nicht gibt, und auch nicht geben kann. Wenn man etwas vermisst, vergleicht man es immer nur mit etwas anderem, einem Maß, also einer Referenz, die irgendwann einmal mehr oder weniger willkürlich festgelegt wurde.

Selbst die Physik tut sich immer noch schwer damit, für alles ein absolutes und zuverlässiges Referenzmaß zu definieren. Aber egal wie ein Referenzmaß auch immer definiert sein wird, letztlich ist Messen immer nur ein Vergleichen mit etwas anderem. Etwas, von dem man glaubt das es absolut und unveränderlich ist – aber auch nur bis zum nächsten Referenzsystem.

Solange wie es physikalische Forschung im heutigen Sinne gibt, solange wird man auch immer wieder feststellen müssen, das alles Veränderungen unterworfen ist, und immer nur unter bestimmten Bedingungen „unveränderlich“ ist.

Proportionen verändern sich nicht, sie bestehen seit Anbeginn von Allem. Egal wie man eine geometrische Form auch vergrößert oder verkleinert (skaliert), dreht und wendet – die Proportionen bleiben immer erhalten und immer gleich. Sobald eine geometrische Form existiert, kann man sie mit sich selbst vergleichen und erhält absolute, unveränderliche Informationen.

Unmittelbare Nachfahren der Heiligen Geometrie (also einzelne Wissenschaften und Disziplinen) der ersten Generation sind zum Beispiel…

Philosophie

Zur Zeit der Antike gab es eine genaue Vorstellung davon, welche Ausbildungsschritte zum Werdegang eines Philosophen gehörten. Ausgangspunkt bildete ein junger Mensch mit einem sportlichen, durchtrainierten Körper, der von Disziplin, einem starken Willen, und einem wachen, beweglichen Geist zeugt. In der genannten Reihenfolge musste dann die Geometrie, Arithmetik, Harmonik und Astrologie erlernt werden, damit sich der Geist auf die Herausforderungen des stark abstrahierenden Denkens vorbereiten konnte.

Nur so war sichergestellt, dass ein Streben nach der Erkenntnis des wahrhaft Guten, Schönen und Gerechten überhaupt von Erfolg gekrönt sein konnte. Insbesondere durch die Entwicklung einer Vorstellungskraft für das Wandelbare und das Unwandelbare, sowie dem Vermögen das eine von dem anderen unterscheiden zu können.

Eine der wichtigsten Disziplinen der Philosophie bildete dabei die Dialektik, um eine klare Begrifflichkeit, sowie eine genaue Definition der benannten Dinge ergründen zu können. Die Wesenheiten der Dinge sind der Seele zwar bereits bekannt, aber die Aufgabe des Philosophen ist es, diese durch die eindeutige Ermittlung der Eigentümlichkeiten auch dem Verstand zugänglich zu machen.

Alchemie

Elementare, kosmische Gesetze gelten nicht nur im kleinen Maßstab, sondern sie setzen sich sowohl im noch kleineren, als auch im weit größeren Maßstab fort, und bestimmen auf ihre ganz eigene Art die Entwicklung natürlicher Prozesse. Sie haben ihre Wurzeln außerhalb jedes räumlichen oder zeitlichen Maßstabs, und fordern eine völlig andere Denkweise, als die uns bekannten und üblichen Ansätze moderner Wissenschaften, wenn man diese ergründen möchte.

Genau so wie eine Zahl für weit mehr als nur eine simple Mengenangabe steht, so verbirgt sich hinter einem Element der Alchemie weit mehr als nur eine materielle Eigenschaft, oder ein Aggregatzustand. Es steht für ein komplexes Prinzip, das verschiedene Aspekte, Eigenschaften und spezielle Regeln der Wechselwirkung in sich vereint.

Kombiniert man zwei variable Merkmale miteinander, wie z.B. Temperatur, die sich entgegensetzende Zustände wie kalt und warm kennt, und Feuchtigkeit, die sich von feucht bis trocken erstrecken kann, dann wird eine Ebene aufgespannt, die sich in vier Zonen aufteilt. Diesen Zonen lassen sich nun Namen zuordnen, wie eben die der Elemente, um das von ihnen erschlossene Konzept sprachlich greifbar zu machen.

Allerdings werden diese Namen, da sie ja bereits mit vertrauten Dingen verknüpft sind, den dahinter verborgenen Charakteristiken bei weitem nicht gerecht, und man muss sich immer darüber im Klaren sein, daß Begrifflichkeit nur dazu dient Eigentümlichkeiten hervorzuheben, zu ordnen und zu bündeln. Die dahinter stehende Wesenheit will trotz allem noch entdeckt und erschlossen werden, und der Name darf nicht über den Grad der Erkenntnis hinwegtäuschen, denn er kann die Erfahrung und Erfassung einer Persönlichkeit niemals ersetzen.

Mystik

Sich von Gott, dem Schöpfer, ein Bild zu machen, ist nicht möglich. Man soll, und kann es auch gar nicht tun, denn wir sind alle Teil seiner Schöpfung, innerhalb seiner Schöpfung. Wie könnte man sich auch nur in Gedanken über die Schöpfung und aus ihr heraus erheben, um dann schließlich Gott zu erkennen? Diese Anmaßung kann in ihrem Ergebnis nur in den Wahnsinn führen.

Aber: Gott ist erfahrbar, er ist in uns, und durchdringt uns, denn wir sind Teil seiner Schöpfung. So können wir Aspekte von ihm und seiner Botschaft aufgreifen, die in seine Schöpfung eingeflossen sind, um sie zu betrachten,  auf uns wirken zu lassen, zu erfahren, und zu analysieren, um so innerlich ein tieferes Verständnis der Schöpfung, in der wir leben, entwickeln zu können.

Dabei genügt es, die äußeren Sinne ruhen zu lassen, bis sie verstummen, und dann in uns selbst hinein zu schauen, zu horchen, die inneren Sinne zu öffnen, um sich Selbst und sein Innerstes erfahren zu können, denn hier ruht Gott.

Schließe deine Augen und lausche der inneren Stimme – sie wird dir eine Geschichte erzählen…

Gnosis

Wertung und Urteil sind seelenlose Instrumente des Geistes, die niemals von der Hand des Egos geführt werden dürfen, andernfalls wird das Gleichgewicht der Dualität in die Spannungen der Polarität überführt.

Befeuert durch den Wettkampf können sich diese Spannungen aber nur durch Sieg und Niederlage, und auch nur kurzfristig auflösen, bevor sie wieder zu neuen Wettkämpfen führen, denn jeder Sieg kann immer nur als Gegenpol zur Niederlage entstehen.

Ein Feuerwerk aus Polaritäten erzeugt ein dichtes Netz, in dessen Gewebe sich die Individualität verfängt, und die Form einer Struktur annimmt, die wir heute lapidar als ‚Gesellschaft‘ bezeichnen.

Plötzlich befindet sich der eigene Wert nicht mehr im Inneren, in der eigenen Persönlichkeit, sondern im Außen, in der relativen Position innerhalb dieser Gesellschaftsstruktur. Pole lassen sich aber in einem so großen Gebilde kaum noch zuordnen, manche von ihnen gehen auch unter, oder verschwinden völlig im Dunkeln, und schließlich werden Monopole geboren.

Der Blick nach außen, und das Kräftemessen um eine bessere Position lassen die Identifikation mit dem eigenen Selbst völlig verblassen. Die Verwirrung des Verstandes gebiert unauflösbare Widersprüche, gestützt von Vorurteil und Irrglaube. Das Chaos versperrt die Sicht auf Ursprung und Horizont.

Wo geht die Reise hin?
Was ist das Ziel?
Was macht überhaupt noch Sinn?

Der rettende Anker, der in sich die Kraft der Befreiung birgt, und aus den Fängen eines solchen Teufelskreises wieder herausführen kann, heißt ‚Erkenntnis‘.